g)  Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – ein neuer Zugang zur Versorgung für Menschen mit psychischen Belastungen

Zugang durch Touchpoints und Steuerung bei psychischen Belastungen: Wie wir Bedarfe erkennen und gezielt ansprechen.

 

 

Hintergrund

Psychisch belastete oder erkrankte Menschen erhalten häufig nicht die Unterstützung, die sie benötigen. Das liegt an strukturellen Hürden wie langen Wartezeiten, schlecht verzahnten Versorgungsangeboten und einem Mangel an niedrigschwelligen Hilfen. Auch gesellschaftliche Faktoren wie Stigmatisierung und fehlende Information spielen eine Rolle – viele Betroffene erkennen ihre Symptome nicht oder wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen. Erschwerend wirken typische Krankheitsbilder wie beispielsweise Depression, die mit Antriebslosigkeit einhergehen und eine aktive Hilfe-Suche behindern. 

Darüber hinaus verlaufen psychische Erkrankungen individuell – genauso wie die Lebenslagen der Betroffenen. Alter, Krankheitsbild, Motivation und soziale Ressourcen unterscheiden sich stark. Was die eine Person stärkt, überfordert die andere. Dabei wird deutlich: Eine Lösung für alle funktioniert nicht.  

Deshalb braucht es differenzierte, gestufte Angebote – von digitalen Selbsthilfen über Beratung bis hin zu Therapie oder stationärer Behandlung.  Nur ein Versorgungssystem, das flexibel, bedarfsorientiert und kontinuierlich begleitet, kann diesen Anforderungen gerecht werden, Versorgungslücken schließen, Kosten nachhaltig beeinflussen und gleichzeitig das Versprechen einer modernen, verlässlichen Gesundheitsversorgung einlösen.

Herausforderung

Die Zahl der psychischen Belastungen / Erkrankungen steigt seit Jahren deutlich an und immer mehr Menschen erleben psychische Belastungen. Gleichzeitig spitzt sich die Versorgungslage zu: Lange Wartezeiten, überlastete Therapeuten und fehlende Übergänge zwischen Therapie, Prävention und Nachsorge zeigen, dass das System an seine Grenzen stößt. Besonders alarmierend sind außerdem die wirtschaftlichen Folgen. Psychische Erkrankungen sind inzwischen eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, was zu hohen volkswirtschaftlichen Schäden führt.

Aus Sicht der Krankenkassen wird das Thema vor allem deshalb zur Herausforderung, weil die Ausgaben für psychische Erkrankungen kontinuierlich steigen, ohne dass aktuell eine gezielte Steuerung möglich ist. Versicherte gelangen oft zu spät oder ungeordnet in die Versorgung, und es fehlen abgestufte, bedarfsorientierte Versorgungsmodelle. Zudem haben Krankenkassen nur begrenzte Daten zur Verfügung, um Versorgungslücken zu erkennen, Maßnahmen zu evaluieren oder Angebote gezielt zu steuern. Das erschwert nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch den strategischen Umgang mit psychischer Gesundheit als Zukunftsthema. Angesichts wachsender gesellschaftlicher Erwartungen und der zunehmenden Sensibilisierung für psychische Gesundheit wird ein zielgerichtetes Versorgungsangebot in diesem Bereich immer bedeutender. 

Fragestellung

 Leitfrage: Wie können wir psychisch belastete oder erkrankte Versicherte mit Hilfe eines strukturierten Begleitangebots frühzeitig identifizieren, empathisch ansprechen und bedarfsgerecht in passende Versorgungsangebote überführen?


Mögliche Unterfragen:

In der Ausarbeitung könnt ihr euch beispielsweise an folgenden Fragen orientieren: 

Aufgreifkriterien:
•    Wo entstehen erste Anzeichen psychischer Belastung, und wie können wir diese frühzeitig erfassen?
•    Welche Akteure sind potenzielle Gatekeeper oder Hinweisgeber?
•    Wie können niedrigschwellige Screening-Instrumente oder digitale Kontaktpunkte gezielt eingebunden werden?
•    An welchen Stellen im Lebenslauf oder Krankheitsverlauf lassen sich sinnvolle „Einstiegsmomente“ identifizieren? 
•    Welche internen Daten oder Ereignisse liefern Hinweise auf Unterstützungsbedarf?

Ansprache:
•    Wo und wann ergeben sich relevante Touchpoints im Leben der Versicherten?
•    Wie muss eine Ansprache gestaltet sein, damit sie nicht abschreckt, sondern Vertrauen schafft?
•    Welche Formate sind sinnvoll? Welche Sprache wirkt empathisch und aktivierend?
•    Wie vermeiden wir Stigmatisierung und motivieren zur Inanspruchnahme?