Wie können Gesundheitsdaten genutzt werden, Präventions- und Vorsorgeangebote zu individualisieren?
Nichtübertragbare Erkrankungen, wie Muskel-Skelett-, Herz-Kreislauf-, psychische und Krebserkrankungen haben vergleichbare Risikofaktoren, die mit Prävention adressiert werden können. Es gibt dazu unter anderem primärpräventive (Erkrankungen vermeiden) und sekundärpräventive (Frühformen erkennen) Hebel. Handlungsfelder der Primärprävention sind die Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung und Sucht. In der Sekundärprävention können gezielte Vorsorgeuntersuchungen ansetzen.
Die gesetzlichen Regelungen schaffen einen rechtlichen Rahmen, mit dem die gesetzlichen Krankenkassen Auswertungen der Versicherten- und Routinedaten zur Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere
Information und Beratung, vornehmen können. Zusätzlich können perspektivisch Gesundheitsdaten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) genutzt werden, um Präventions- und Versorgungsangebote
transparenter und individueller zu gestalten. Die jeweilige Datennutzung erfolgt ausschließlich zweckgebunden unter strengen Datenschutz- und Informationspflichten, wenn die Versicherten dem
nicht widersprechen (Opt-out). Für eine Individualisierung und Personalisierung von Präventions- und Vorsorgeangeboten muss der gesetzliche Rahmen perspektivisch noch weiterentwickelt werden.
Nur ein Bruchteil der Versicherten nimmt Präventions- und Vorsorgeangebote der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch. Es besteht zum einen das Präventionsdilemma, dass überwiegend jene Versicherten die Angebote in Anspruch nehmen, die bereits ein gutes Gesundheitsverhalten haben. Zum anderen sind der zweite Gesundheitsmarkt und IGeL-Leistungen nicht in den Daten abgebildet.
Verschiedene Methoden wie Settingprävention, Gamification, Nudging oder Neuromarketing versuchen vulnerable und schwer erreichbare Zielgruppen zu motivieren, zielen jedoch auf kein
personalisiertes Präventions- und Vorsorgeangebot ab.
Gesetzlichen Krankenkassen liegen zum einen Versichertendaten (wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Einkommen, Staatszugehörigkeit) und zum anderen GKV-Routinedaten zu abgerechneten Leistungen
(Krankenhäuser, Arztpraxen, Arzneimittel, Heilmittelerbringer) vor. Darüber hinaus hat die AOK PLUS Online-Daten von NAVIDA- und Bonusprogrammnutzern, die teilweise mit selbsterhobenen Daten
(z.B. Wearables) der Versicherten verknüpft sind. Diese werden aktuell ausschließlich zweckgebunden und für keine individuelle Präventions- und Vorsorgeansprache genutzt. Außerdem sind
ausschließlich objektive Daten erfasst, die nicht den selbstempfundenen Gesundheitszustand des Versicherten abbilden. Darüber hinaus ist künstliche Intelligenz (KI) oftmals durch eine Gender Data
Gap oder Ethnicity Data Gap limitiert.
Das SGB V und die ePA bieten den gesetzlichen Krankenkassen perspektivisch einen neuen Ansatzpunkt, Versicherte individuell anzusprechen. Aktuell ist allerdings noch unklar, inwieweit die
vorliegenden Daten dafür ausreichend sind und konkret genutzt werden können.
Konzipiere ein datengestütztes Präventionsprofil, mit dem eine gesetzliche Krankenkasse ihren Versicherten gezielte individualisierte und personalisierte Präventions- und Vorsorgeangebote für die individuelle Lebenssituation vorschlagen kann.
Unterfragestellung 1: Wie können mit den Daten, die der gesetzlichen Krankenkasse vorliegen, Gründe einer Nutzung bzw. Nichtnutzung von Präventions- und Vorsorgeangeboten identifiziert und die
Angebote personalisiert und individualisiert bei den Versicherten platziert werden?
Unterfragestellung 2: Wie können mit den Daten, die der gesetzlichen Krankenkasse vorliegen, zukünftige Gesundheitsrisiken antizipiert werden, um diesen mit gezielten Präventions- und
Vorsorgeangeboten vorzubeugen?
Unterfragestellung 3: Wie können Krankenkassendaten für ein „Präventionsprofil der Zukunft“ perspektivisch mit weiteren Gesundheitsdaten verknüpft werden?